Es ist schon sehr erstaunlich, wie das Leben einem so spielt. Es war ein sehr schöner Herbstsamstag, wolkenlos und es herrschten sehr angenehme Temperaturen. Meine Frau ist derzeit zwar in der Slowakei, dennoch wollte ich den Tag sinnvoll nutzen.
Ich entschloss mich auf Fotosafari zu gehen, da ich dieses Mal die gesamte Fotoausrüstung bei mir hatte. So gegen 10 Uhr machte ich mich voller Freude auf, den Tag mit dem zu verbringen, was mir unheimliche Freude bereitet, dem Fotografieren.
Dazu entschloss ich mich nach langer, sehr langer Zeit, wieder mal den Alpenzoo in Innsbruck zu besuchen. Das letzte Mal war ich in der Volksschule da und ich kann mich noch gut erinnern, wie begeistert wir damals die Tiere beobachteten. Mit Vorfreude schmiegte ich den Plan, die Tiere des Alpenzoos so abzulichten, dass man es nicht erkennen sollte, dass sie in einem Zoo sind. "Wird schon irgendwie gehen", dachte ich mir. Geplant war ein schöner Tag mit einer tollen Fotoausbeute und einer netten Reportage über den Alpenzoo für unseren Blog. Nein, ich wurde nicht bezahlt, musste so wie jeder andere auch Eintritt bezahlen und auch die Parkgebühr für das Auto entrichten. Es sollte also lediglich ein informativer Bericht über den Alpenzoo als Ausflugsziel werden. Nicht mehr und auch nicht weniger. Gekommen ist allerdings alles ganz anders - so wie ich es nie für möglich gehalten hatte. Aber der Reihe nach...
Auf der Hungerburg angekommen, wies mich ein Parkwächter gleich mal ein. "Oje" dachte ich - es schien, als ob mehrere Menschen dieselbe Idee hatten. Menschenmengen in Coronazeiten muss ich nicht wirklich haben, dennoch wagte ich den Eintritt, bewaffnet mit Fotorucksack, Teleobjektiv und einem Mundschutz. Man weiss ja nie. Die 5 Euro vom Parken für 5 Stunden sollten eigentlich für mein Vorhaben reichen. Teuer, aber dieses Geld kommt laut Beschilderung auch dem Zoo zu Gute, also kein Problem, so meine Einstellung. Auch die 12 Euro Eintritt kamen mir persönlich teuer vor, aber ich wusste ja nicht, was sich seit dem letzten Mal alles verändert hatte. Vom Parkplatz weg markierten gemalene Bärentatzen am Boden den Weg zum Eingang. Schon ab dort bekommt man mit, dass der Bär eine wesentliche Rolle spielt hier im Zoo.


Brav folgte ich den Bärentatzen am Boden, die dem Besucher den Weg durch den Zoo weisen.
Ich will euch nun nicht langweilen mit meinen Eindrücken vom Zoo. Ich will dies so kurz wie möglich erzählen, doch wie gesagt, auch unsere Bloggäste sollen sich ein Bild machen können. Vorbei an Terrarien mit Kröten und Fröschen, landete ich bei einem tollen Aquarium mit vielen Fischen.






Das erste Mal erfuhr meine Stimmung einen Dämpfer, als ich zum Wolfsgehege kam. Nach langem Suchen erblickte ich ihn. Endlich, ein Wolf in Lebensgröße. Ein großes Gehege und viel Platz, damit ich auch ein Foto machen konnte, wo dieser dämliche Zaun mal nicht sich in den Vordergrund drängte. Dann entdeckte ich eine kleine Tafel am Gehege, auf der stand, dass das Männchen Attila wegen seines schlechten Gesundheitszustandes eingeschläfert werden musste. Er hatte Krebs. Sofort schoss es mir durch den Kopf.....der einsame Wolf bzw. in diesem Fall die einsame Wölfin. Wie musste wohl diesem Wolf zu Mute sein, keinen Partner mehr zu haben. Eines Tages einfach alleine zu sein. Dann fiel mir auf, dass der Wolf systematisch Runden drehte. Wie ein Uhrzeiger streifte er durch sein eingeschränktes Revier. Man hätte die Uhr danach stellen können, wann er wieder an einem vorbei kam. Nur hie und da schenkte er einem schreienden Kind etwas Beachtung und blieb für einen kurzen Moment stehen. Der Moment für das Foto. Mit etwas Traurigkeit erfüllt, machte ich mich weiter auf den Weg.





















Ich verstand das Luchsmännchen. Mittlerweile gingen mir die Menschen auch auf den Geist. Schreiend, lachend und mit komischen Lauten von sich gebend, versuchten sie, die Aufmerksamkeit der Tiere auf sich zu ziehen, um mit ihrem Handy das bestmögliche Foto zu schießen. Ich sag es euch, ich schämte mich vor den Tieren, zu dieser Rasse zu gehören. Wirklich! |
Etwas genervt war ich wieder am Ein- bzw. Ausgang angekommen und stellte fest, dass mir der Bär noch nicht übern weggelaufen war. Dieser musste unbedingt von mir abgelichtet werden, denn auch Meister Petz kann mir in der Slowakei in Natura über den Weg laufen. Also suchte ich das Bärengehege. Auf der Rundreise, den Bärentatzen am Boden folgend, war es die letzte Station, so ganz nach dem Motto, das Beste und Aufregenste zum Schluss. Zeit hatte ich genug, denn mit Überraschung stellte ich fest, dass ich bis jetzt trotz Fotografieren erst eine Stunde am Weg war.
Da war es nun, das Bärengehege. Neugierig versuchte ich einen Bär zu erspähen, doch vergebens. Ein grosses Gehege mit eigenem Wasserfall, ja sogar einem Pool für Meister Petz machte vorerst einen wahnsinnig tollen Eindruck auf mich. Doch weit und breit kein Bär.
Also setzte ich mich geduldig auf eine Bank und wartete.
Ich wartete und wartete und dann war es soweit. Am anderen Ende des Geheges sah ich ihn. Der so heiss ersehnte Moment war gekommen. Ein Bär in voller Lebensgröße, lebendig und wahrhaftig für meinen Abschuss bereit. Abschuss im fotografischen Sinne natürlich. Das Tele leistete mir dabei gute Dienste. Durch den Sucher sah ich, dass am anderen Ende so eine Sichtscheibe war. Eine große Scheibe, um dem Bären so nahe wie möglich zu sein. Nur cm von diesem Koloss entfernt. "Das muss DAS Erlebnis sein", dachte ich und machte mich auf den Weg dorthin. Dort angekommen, kam alles anders als erhofft. Es war das Erlebnis vom Tag, aber in einem ganz anderen Sinn. Diesem Bären so nah zu sein, getrennt nur durch eine vielleicht 2 cm dicke Scheibe, löste vieles in mir aus. Vieles, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Ich stand vor ihm und blickte in seine Augen. Dann durchfuhr es mich, ein Schauer ging tief unter die Haut. Es lief mir kalt über den Rücken, mir wurde zugleich unerträglich heiss und ich war voll und ganz in seinen Bann gezogen. Ich registrierte die Menschen um mich kaum noch. Ihre Schreie, ihr Klopfen an die Scheibe, ihr Lachen, ihre gezückten Handys... alles nahm ich nur noch so im Augenwinkel wahr. Es schien, als ob der Bär mich auf etwas aufmerksam machen wollte. Es schien so, als ob ich plötzlich all seine Gesten, seine Blicke und sein Tun verstehen konnte. So, als ob ich plötzlich die Sprache "Bärisch" konnte. Tiefe Trauer, enormes Mitleid und riesige Wut wechselten sich bei mir sekündlich ab. Trotz der ganzen Menschen um mich flossen mir plötzlich Tränen über die Wangen, um sich dann in meinem Mundschutz zu sammeln. Ich kann euch nicht beschreiben wie ich mich in dem Moment fühlte.
War ich denn der einzige, der diese Schwingungen empfangen konnte?
War ich jetzt verrückt geworden, oder hatte ich Sauerstoffmangel durch die dämliche Maske?
Spielte mir mein Gehirn einen Streich?
Nein, denn auch eine Dame neben mir sagte plötzlich, dass sie sich das nicht mehr anschauen könne. Sie müsse gehen.
Also doch.....ich verspürte es richtig.
Meine Tränen waren echt, die Gefühle so intensiv wie selten und das Fotografieren plötzlich nur mehr reine Nebensache.
Alle Gedanken, die mir gleichzeitig durch den Kopf gingen, versuche ich nun euch wieder zugeben. Erst komme ich zum eigentlichen Thema dieses Beitrags.
Mir ist es enorm wichtig, dass ihr die folgenden Zeilen aufmerksam durchlest, euch eine eigene Meinung bildet und sie mir bitte unterhalb des Artikels mitteilt. Ich wählte den Titel " Mein Interview mit einem Bären" ganz bewusst.
Um etwas mitzuteilen, um auf etwas Aufmerksam zumachen, bedarf es keiner Worte. Gefühle übertragen sich viel intensiver als Worte es je können werden. Es gibt Situationen zwischen Menschen, die keiner Worte bedürfen und trotzdem jeder weiss, was gesprochen wird. Genauso gibt es solch Situationen zwischen Mensch und Tier. Dies war so eine Begegnung.
Im Folgenden nun meine Gedanken, die diese Begegnung mit dem Bären ausgelöst wurden - aus Sicht des Bären.
Mein Interview mit einem Bären"Darf ich mich vorstellen, mein Name ist Bär. Braun Bär. |
So, eigentlich bedarf es keiner weiteren Worte, aber ich möchte euch noch mitteilen wie dieser Tag geendet hatte. Wie gesagt, ein sehr bedrückendes Gefühl durchfuhr mich und um ehrlich zu sein, fühlte ich mich einfach nur schuldig. Schuldig, mit meinem Eintritt so einen Zoo zu unterstützen, bei einer Sache, die mir eigentlich gewaltig durch den Strich geht. Schuldig, trotz dem Erkennen des Unrechts, nichts dagegen machen zu können - oder doch?
Genau aus diesem Grunde schreibe ich euch hier meine Gefühle und Eindrücke nieder.
Auch wenn ich weiss, dass viele nur Bildchen schauen, weiss ich dass es wenige gibt, die auch lesen. Die Bilder täuschen leider über die Wirklichkeit hinweg, aber die Worte geben genau das wieder, was mir in wenigen Sekunden durch den Kopf ging.
Traurig und mit einem ganz schlechten Gefühl brach ich meinen Zooausflug mit einem "Entschuldige Bär" ab und machte mich auf den Weg nach Hause, um diesen Bericht zu schreiben.
Ich wünsche mir, dass ihr mir wirklich ehrlich eure Meinung dazu unten in die Kommentare schreibt, weil es mich wirklich interessiert.